Beweglichkeit gehört zu den sportmotorischen Fähigkeiten. Häufig werden für den Begriff „Beweglichkeit“ die Dehnfähigkeit und die Gelenkigkeit als Synonym verwendet, was jedoch nicht ganz richtig ist, da beide zusammen die Beweglichkeit ausmachen.

Gelenkigkeit bezieht sich auf die Gelenkstruktur und Dehnfähigkeit beschreibt das Bewegungsausmaß der Muskulatur. Der Begriff „Flexibilität“ hingegen kann synonym für Beweglichkeit verwendet werden.

Beweglichkeit ist die Fähigkeit des neuromuskulären Systems, Bewegungen mit erforderlichen, optimalen bzw. maximalen Schwingungsweiten in den beteiligten Gelenken willkürlich oder unwillkürlich ausführen zu können. (Martin/Carl/Lehnertz 2001)

Dieses Amplitudenmaß der Gelenke ist abhängig von anatomischen (z. B. Zustand der knöchernen Formelemente des Gelenks und dessen Freiheitsgrade), physiologischen (z. B. Geschlecht und hormonelle Situation), neurophysiologischen (z. B. intra- und intermuskuläre Koordination), psychischen (z. B. Stress, Müdigkeit) sowie physikalischen (z. B. Tageszeit, Temperatur) Parametern. Ziel ist es, diese Parameter positiv zu beeinflussen.

Zur Gelenkigkeit zählen auch die bindegewebigen Formelemente, die mit ihrer Dicke der Gelenkknorpel bzw. der Elastizität der Gelenkkapsel und Bänder weiteren Einfluss nehmen. Sie sind, wie der Gelenkstoffwechsel, durch Training geringfügig veränderbar.  In der Praxis setzen wir zu diesem zweck die Mobilisation ein: also die Bewegung des Gelenks in allen anatomisch möglichen Achsen. Dies fördert die Produktion und Verteilung der Synoviaflüssigkeit (Gelenkschmiere) und führt zu einem Aufquellen des Knorpels (Diffusion als Ernährung). Dadurch nimmt der Gelenkspalt zu und die Schwingungsweite wird größer. In dieser vergrößerten Amplitude kommt es dann zu Dehnungen der Kapsel. Die Bänder mit einer maximalen Elastizität von 5% gehören ehr zum beweglichkeitsbegrenzenden Teil des Gelenks, da ihre Aufgabe die Stabilisation ist.

Im Wesentlichen ist die Beweglichkeit abhängig vom aktiven Bewegungsapparat, der mit seiner Kraft und Masse die Amplitude im Gelenk mehr oder weniger stark begrenzt. Hinzu kommen neurophysiologische Steuerungsprozesse, die Einfluss auf Spannung bzw. Entspannung des Muskels nehmen. Dieser Teil der Flexibilität wird auch als Dehnfähigkeit beschrieben. Eine große Muskelmasse und/oder -kraft bedeutet aber nicht gleich eine große Unbeweglichkeit, außer es kommt zu einer Weichteilhemmung. Bei der Dehnung des Muskels muss die willkürliche Muskelspannung minimiert werden.

Wir unterscheiden zwischen passiver (Bewegungen im Gelenk, die mithilfe der Schwerkraft, durch Geräte, durch Partner oder andere Muskeln durchgeführt werden) und aktiver Beweglichkeit (Bewegungen im Gelenk, die durch die gelenkumgebende Muskulatur ausgeführt werden): Im Hüftgelenk wäre beispielsweise für die Anteversion des Beines der M. iliopsoas und für die Retroversion der M. glutaeus zuständig.

Die maximale Amplitude wird üblicherweise durch die Muskulatur begrenzt, wobei das individuell auf eine Schwäche des Agonisten (iliopsoas bei der Anteversion) oder auf mangelnde Dehnfähigkeit des Antagonisten zurückzuführen ist.  

Die passive Beweglichkeit ist immer größer als die aktive. Die aktive Beweglichkeit ist allerdings für uns Sportler wichtiger.

Warum ist Beweglichkeitstraining so wichtig?

Ein Aspekt ist die optimale Bewegungsausführung und zwar: 

  • qualitativ:  großer Bewegungsradius und damit längerer Beschleunigungsweg
  • quantitativ: ökonomischer Krafteinsatz

Zudem sinkt die Verletzungsgefahr (außer bei Hypermobilität) und man wirkt der Reduzierung von Muskelabschwächungen und -verkürzungen entgegen.

Es gibt statische und dynamische Methoden.

Statisches Dehnen – ja oder nein?

Obwohl sich ein Muskel strukturell nicht verkürzen kann, hat statisches Dehnen (eine Position <45 Sekunden halten) natürlich einen Einfluss auf die Beweglichkeit des Muskels: jedoch durch das Verschieben der Dehnschmerztoleranzgrenze und nicht durch eine strukturelle Verlängerung.

Ein Mythos ist, dass statisches Dehnen eine langfristige Reduktion des Muskeltonus bewirkt. Deshalb erklärt sich auch, warum sich der Ansatz „Den-Agonisten-stärken-und-den-Antagonisten-dehnen“ nicht bewährt hat und muskuläre Dysbalancen durch ein alleiniges Dehninterventionsprogramm nicht behoben werden können (Freiwald & Engelhardt, 1999). Freiwald & Engelhardt (1999) weisen außerdem darauf hin, dass in bestimmten Fällen das Dehnen bereits übermäßig angesteuerter Muskeln sogar zu einem beweglichkeitslimitierenden Effekt führen kann, da das Nervensystem aufgrund einer Schutzreaktion den Tonus der Muskulatur weiter erhöht.

Statisches Dehnen ist dennoch eine wirksame Methode zur Beweglichkeitssteigerung. Wie oben beschrieben kommt diese Steigerung durch eine sich durch das Dehnen erhöhende Toleranz der aufkommenden Dehnspannung zustande. Unklar ist, ob Dehnen ebenfalls kurzfristige Auswirkungen auf die Verletzungsanfälligkeit sowie die sportliche Leistungsfähigkeit hat (Behm et al., 2015). Eine ältere Studie (Herbert & Gabriel, 2002) konnte keine Auswirkungen auf die Verletzungsanfälligkeit herausfinden, allerdings weisen die eingeschlossenen Studien nur geringe bis moderate Qualität auf.

Wichtig ist immer zwischen kurz- und langfristigen Effekten und Zielsetzungen zu unterscheiden. Schließlich kann niemand erwarten, dass statisches Dehnen unmittelbar vor dem Wettkampf tatsächlich die Verletzungsanfälligkeit positiv beeinflussen kann. Langfristig lässt sich bei Menschen mit drastisch eingeschränkter Beweglichkeit durch statisches Dehnen der eingeschränkten Muskulatur die Bewegungsqualität sehr gut verbessern, wodurch sich auf lange Sicht durch eine verbesserte Bewegungsqualität auch das Verletzungsrisiko reduzieren lässt.

Warum werden wir unbeweglich?

Um Bewegung bzw. Bewegungseinschränkungen besser verstehen zu können, müssen wir zunächst die Frage stellen: Wie kommt Unbeweglichkeit überhaupt zu Stande? 

Hier haben sich im Laufe der Jahre die Theorien zwischen neurophysiologischen und strukturellen Erklärungen abgewechselt. Besonders aufgrund der Erkenntnisse aus der Faszienforschung ist anzunehmen, dass eine Kombination sowohl neurophysiologischer als auch struktureller Effekte zugrunde liegt. Dass die Beweglichkeit des Muskels mit seiner neuronalen Ansteuerung zusammenhängt, liegt nahe: Umso mehr der Muskel neuronal angesteuert wird, desto schlechter lässt er sich dehnen. Doch selbst unter Narkose, einem Zustand, in dem der Muskel nicht mehr vom zentralen Nervensystem angesteuert werden kann, lässt sich noch eine gewisse Grundspannung des Muskels feststellen, die eindeutig struktureller Natur ist: Zum einen bietet das Muskelgewebe an sich einen Widerstand, zum anderen spielt aber auch das ihn umgebende Bindegewebe eine Rolle. Im Gegensatz zum Muskelgewebe kann dieses nämlich verkürzen, „verkleben“, fibrotisieren und weitere strukturelle Veränderungen (Heymann & Stecco, 2016) aufweisen, die das Gleiten der Strukturen bzw. eine Dehnung des Gewebes erschweren.

Beweglich durch Bewegung?

Der Körper lässt sich nur modellhaft in unterschiedliche Systeme einteilen, diese gehören aber unweigerlich zusammen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Methoden des Beweglichkeitstrainings (statisch vs. dynamisch, aktiv vs. passiv) immer wieder diskutiert werden. Besonders in der Rehabilitation von Verletzungen ist das Dehnen eines einzelnen Muskels bzw. einer einzelnen Struktur sinnvoll. Wenn es aber um die Verbesserung der Beweglichkeit bezüglich der Ausführung komplexer Bewegungen geht, ist ein universaleres Körperverständnis innerhalb dieser Bewegungen oder zumindest auf struktureller Ebene innerhalb der Muskelketten notwendig. Vor allem bei gesunden Menschen sollte man deshalb nach dem Motto verfahren: "Eine tiefe Kniebeuge erlernt man dann am besten, wenn man tiefe Kniebeugen absolviert." Schließlich handelt es sich hierbei um komplexe Bewegungsmuster, bei welchen wir mit isolierten Dehnungen einzelner Strukturen nur sehr schwer weiterkommen.

Mit Mitgliedern, bei welchen keine Kontraindikation vorliegt (z. B. verletzte Strukturen), führen wir deshalb so oft wie möglich die angestrebte Zielbewegung durch. So können sich sowohl das Nervensystem als auch die bei der Bewegung angesprochenen Strukturen an diese anpassen. Hier greift auch das Trainingsprinzip der Spezifität: Man wird nur in dem besser, was man trainiert. Auf Beweglichkeitstraining bezogen bedeutet das: Wenn du als Übung zur Verbesserung der Beweglichkeit deiner ischiocruralen Muskulatur die Rumpfbeuge, das Erreichen des Bodens mit den Fingerspitzen oder Handflächen bei geschlossenem und durchgestrecktem Knie, verwendest, wirst du in der Rumpfbeuge besser werden. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass du auch tiefer in die Kniebeuge kommst. Deshalb bringt dich die einzelne Übung nur dann weiter, wenn du es schaffst, ihren Nutzen auf das Zielbewegungsmuster zu übertragen. Aus diesem Grund sollte du erst, wenn du sicher bist, dass die Bewegung aufgrund bestimmter Strukturen oder einzelner Muskeln bzw. Muskelgruppen eingeschränkt ist, dazu übergehen, diese zusätzlich isoliert zu bearbeiten.  Diese isolierten Anwendungen sollten vielmehr als Hilfsmittel dienen und auch so gesehen werden, um zu der Zielbewegung zu gelangen. Bei Reha-Patienten muss natürlich ein anderes Vorgehen gewählt werden.

Manchmal sollten wir uns also daran erinnern, wie wir als Kinder Bewegungen gelernt haben. Wir haben uns weniger Gedanken über unsere Beweglichkeit gemacht, sondern eine Bewegung einfach so lange geübt, bis wir sie tatsächlich ausführen konnten. Auch wenn wir damals noch nicht unter gesellschaftlich bedingtem Bewegungsmangel gelitten haben und dadurch „unbeweglich“ wurden, vertrauen wir scheinbar trotzdem darauf, dass sich die Struktur schon irgendwann anpassen wird. Das Grundprinzip „Form follows function“ scheint also in tief uns verwurzelt zu sein.

Wie sieht das in unserer Praxis aus?

Wir setzen auf dynamisches Dehnen (Position wird nur kurz gehalten, Bewegung steht im Fokus) in Form von Mobilisation vor dem Training, denn durch das Ausschütten von Synovia (Gelenkschmiere) sinkt die Verletzungsgefahr, was wichtig für schnellkräftige Übungen ist. Zudem ist es durchblutungsfördernd. Statisches Dehnen ist nicht zu empfehlen, da hierdurch der Muskeltonus sinkt und damit auch die Schnellkraftfähigkeit abnimmt. Zudem wirkt es durchblutungshemmend.

Dazu kommt die bewegungsspezifische Vorbereitung (wie oben beschrieben): wir bauen eine Bewegung im Techniktraining oder Warm-up progressiv auf (z. B. erst Squat to stance, dann Air Squat, dann Back Squat mit progressiv steigendem Gewicht)

Statisches Dehnen (Position wird für längere Zeit gehalten: ca. 60 Sekunden) empfehlen wir in Form von Extraeinheiten (z. B. Yoga) zur Erhöhung der Beweglichkeit und der langfristigen Verletzungsprophylaxe. Zudem tragen gerade Yoga-Einheiten mit lang gehaltenen Positionen zur Entspannung bei.

Du möchtest an deiner Beweglichkeit arbeiten?

Unsere Mobility-Experten stellen ein Programm zusammen, das langfristig darauf ausgelegt ist deine Beweglichkeit zu verbessern:

  • Dienstag & Freitag: 18 Uhr bei Sophie
  • Donnerstag: 16:45 Uhr bei Patricia
  • Samstag: 13:30 Uhr Yoga bei Daniel Heil
  • Sonntag: 11 Uhr Yoga bei Daniel Brömmelhaus

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